Eine Woche später, Position 51°S 106°W. „All hands on deck!“ tönt das scharfe Kommando des Schiffers durch den Niedergang. Meine Steuerbordwache hat sich gerade so gut es geht zwischen Sofa und Salontisch verkeilt, um zu essen. Dass die warme Mahlzeit bei diesem Sturm ausfallen würde war klar, aber wir haben noch nicht mal Zeit für eine Stulle gehabt, sind nach sechs Stunden Wache vollkommen durchgefroren. „Macht hinne – das Groß muss runter!“. Der Wind muss in den wenigen Minuten seit Wachwechsel nochmal ordentlich zugelegt haben.
Also los: den dicken Faserpelz wieder über die doppelte Lage lange Thermounterwäsche gezogen, zweites Paar Skisocken an, rein in die nassen Seestiefel und das tropfende Ölzeug, dazu Arbeitshandschuhe, Balaklava, Lifebelt und Rettungsweste. Bis wir in voller Montur zurück an Deck kommen, haben Sven und Nous auf dem Vorschiff bereits die orangene Sturmfock gesetzt, stehen am Mast und bemühen sich verzweifelt das Groß zu bergen. Seit Tagen segeln wir doppelt gerefft bei bis zu 50 Knoten Wind – aber das hier ist anders. Der Wind heult nicht mehr in der Takelage, er schreit und brüllt. Die Wellen rollen nicht mehr, sie brechen von achtern über das Schiff herein und schleudern das WALROSS ins nächste Wellental. Und beides, Wind und Wellen, scheinen von Sekunde zu Sekunde mehr zu werden.
Ein Blick auf die Winduhr bestätigt: 79 Knoten! Das ist jenseits von Orkanstärke. Der Sturm fegt die Gischt waagerecht über’s Deck, so dass die Vorschiffcrew trotz Decksbeleuchtung für Sekunden nicht mehr zu sehen ist – die beiden haben allein keine Chance. Ich drehe mich zum Schiffer um, der sich mit aller Kraft ins Steuerrad wirft und mir etwas zubrüllt. Obwohl ich nur zwei Meter vor ihm stehe höre ich kein Wort, aber ich habe verstanden: Ich klinke den Karabiner meiner Sicherungsleine ins obere Strecktau ein, übergebe Jan die Großschot und mache mich auf den Weg nach vorn. In dem Moment reißt das Großsegel in Fetzen. Ich sehe noch wie Dieter rückwärts durch’s Cockpit geworfen wird, irgendjemand brüllt ein Kommando – egal, ich muss zum Mast.
„– Achterliek gerissen — Rutscher klemmen — kann nicht mehr — Du weiter…“. Völlig außer Atem brüllt Sven mir seinen Rapport direkt ins Ohr, drückt mich gegen den Mast und auf den Großbaum hoch. Von hinten kommt Jan mit Zeisern und Reileine. Zu viert brauchen wir zwei Stunden, um die Reste des Großsegels zu bergen und festzuzurren. Zwischendurch stehe ich bis zur Hüfte im eiskalten Wasser, das reißend über’s Leedeck schießt, ich zittere vor Kälte, Anstrengung und Adrenalin im Blut – oder wegen einer drohenden Hypo? Ich gebe meinem Wachführer ein Zeichen, lasse mich durch den Niedergang nach unten fallen und ziehe mein Accu-Chek aus der Ölzeugtasche.
Wenn ich nur daran denke, jetzt mit einem „normalen“ Gerät meinen Blutzucker messen zu müssen: Meine Hände sind aufgerissen und verquollen, meine Finger steif vor Kälte, unter Deck ist es nass, kalt und stockfinster, und ich brauche beide Hände um mich einigermaßen festzuhalten. Jetzt eine kleine Plastikdose suchen und öffnen, einen von 50 empfindlichen Messstreifen herausholen und in die winzige Öffnung eines Messgerätes stecken? Womöglich noch kalibrieren? Dann das Gerät weglegen, um zu pieksen? Unmöglich. Mit dem Accu-Chek geht’s auch anders, heute sogar ohne Zuhilfenahme meiner lädierten Finger: Ich spanne die Stechhilfe mit dem Kinn, schiebe die Abdeckung mit den Zähnen zur Seite; das große, gut ablesbare Display leuchtet so hell, dass ich mühelos meine Fingerkuppen erkennen kann. Ein Piep signalisiert Messbereitschaft, und fünf Sekunden später folgt die Entwarnung: 79. Ich schiebe mir einen Müsliriegel zwischen die Zähne und das Accu-Chek zurück in die Ölzeugtasche, dann bin ich wieder an Deck.
Mit freundlicher Unterstützung von Roche Diagnostics Deutschland.
Das Logbuch „Mit Accu-Chek Mobile rund Kap Hoorn“ erschien zuerst auf www.accu-chek-mobile.de